Sich anpassen zu können, ist an sich eine hilfreiche Fähigkeit.
So kommen wir klar im Leben, wenn es nicht um uns geht, wenn wir uns nach anderen richten müssen.
Ohne Anpassung hätten wir wahrscheinlich häufiger Konflikte, Streit, Stress und wir wären womöglich sehr viel öfter auf uns alleine gestellt. Vor allem Kindern bleibt oft keine andere Wahl, als sich nach den Erwachsenen zu richten. Immerhin sind sie emotional und auch existenziell abhängig vom Wohlwollen von Bezugspersonen, Versorgern, Beschützern, Unterstützern.
Später, als Erwachsene, kann Anpassung ebenfalls eine gute Strategie sein, um akzeptiert zu werden, so wie früher von den Eltern oder zum Beispiel auch von Lehrern. Zurückzustecken oder sich zurückzuhalten, kann uns helfen, wie schon als Kinder, uns in Gruppen einzufügen, mitmachen zu dürfen, unter der Bedingung, dass die eigenen Anliegen und Bedürfnisse sozusagen „unter dem Radar“ bleiben. So vermeiden wir Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen, aber auch Gefühle wie Scham.
Auf Dauer kann es aber passieren, dass wir in uns Unzufriedenheit, Frust und sogar eine innere Leere kultivieren, weil wir mit uns selbst in keinem guten oder keinem spürbaren Kontakt stehen beziehungsweise uns selbst verleugnen.
Als Problem taucht das oft erst in der Lebensmitte auf. Also in den Jahren zwischen Mitte 30 und Ende 40. In dieser Zeit der vielen Aufgaben, Pflichten und Herausforderungen kann es schwierig werden, die Balance zu halten und resilient zu bleiben, wenn wir den guten Draht zu uns selbst verloren oder aufgegeben haben.
Wir erzählen uns dann gerne, und entschuldigen uns quasi vor uns selbst damit, dass wir „harmoniesüchtig“ seien, dass wir uns gerne für andere engagieren oder dass wir keinesfalls egoistisch sein oder wirken wollen. Eine Rolle spielt oft auch, gesellschaftlichen Erwartungen gerecht werden zu wollen, also als brav angesehen zu werden.
→ Konkret sieht das dann so aus, dass wir zum Beispiel folgenden Dingen Vorrang vor uns uns selbst geben:
• familiären Werten und Erwartungen in Berufswahl, Lebensstil oder Partnerschaft
• gesellschaftlichen Normen, nicht aus reiner Überzeugung, sondern um nicht aufzufallen.
• nicht stimmigen Rollen und Aufgaben im Freundeskreis oder in Gruppen, um akzeptiert zu werden
• einer Schutzschicht über den eigenen Gefühlen, um keine Verletzlichkeit zu zeigen
• dem Anspruch und den Erwartungen anderer im Beruf, um Karriere zu machen oder Konflikte zu vermeiden
• Traditionen, die nicht der eigenen Überzeugung entsprechen, um dazuzugehören
• den Wünschen und Vorstellungen des Partners oder der Partnerin aus Angst, ihn oder sie zu verlieren
• dem Kauf bestimmter Dinge, um einem bestimmten sozialen Status zu entsprechen
>> Moment mal, wem oder was gibst du Vorrang vor dem, was du wirklich willst? <<
→ Ein paar Motive sind bereits genannt, hier noch ein Überblick über die wichtigsten Gründe für dieses Maskenspiel.
★ Angst vor Ablehnung. Nicht ausgeschlossen zu werden, ist ein sehr wichtiges existenzielles Bedürfnis.
★ Streben nach Anerkennung. Es ist zutiefst menschlich, angenommen und geschätzt werden zu wollen.
★ Konfliktvermeidung. Viele Menschen fühlen sich Auseinandersetzungen nicht gewachsen oder wollen einfach ihre Ruhe haben.
★ Unsicherheit über die eigene Identität. Bei fehlendem Selbstbewusstsein bleibt nur, sich an anderen zu orientieren.
★ Gesellschaftlicher Druck. Aus Normen und Werten der Gesellschaft auszuscheren, konfrontiert uns alle mit Ängsten, zum Beispiel bestraft oder ausgeschlossen zu werden.
★ Wirtschaftliche Abhängigkeit. Das kann sich auf den Arbeitsplatz oder auf die eigene Familie beziehen.
★ Tradition und Kultur. Mich gegen meinen Stamm zu wenden, kann ebenfalls existenzielle Ängste heraufbeschwören oder die Sorge, die eigene Familie oder Gruppe zu enttäuschen.
★ Medieneinfluss. Je öfter wir etwas hören oder sehen, desto mehr neigen wir dazu, es zu glauben oder es für „normal“ zu halten. Nicht der Norm zu entsprechen, konfrontiert uns ebenfalls mit der Angst, nicht dazu zu gehören.
Was ist also zu tun?
Zuerst solltest du verstehen, dass es für dich vermutlich gute Gründe für Anpassung gab und eventuell noch gibt. Diese Einsicht kann dir schon helfen, dich etwas zu lösen.
Ein nächster Schritt wäre es, dir klarzumachen, dass du dich selbst übergangen oder ausgeblendet hast. Ab da beginnt die Klärung, was dich ausmacht, was du in der jeweiligen Situation wirklich brauchst und was du dir wünscht. Erst danach kannst du wirklich von einer soliden Position aus die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema, der jeweiligen Person oder der Situation führen.
Wenn ich dich dabei unterstützen kann, dass du wieder mehr zu dir zurückfindest, dann melde dich gerne.
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Hinweis: Die Texte in diesem Blog sind in keiner Weise als Anleitung für eine Eigenbehandlung gedacht und dafür in dieser Form auch nicht geeignet. Sie enthalten nur Ausschnitte oder grobe sowie unvollständige Zusammenfassungen einer tatsächlichen Therapie. Wenn du schwere Belastungen, Probleme oder Symptome hast, komm bitte zu mir, zu einem anderen Heilpraktiker, Arzt oder Psychotherapeuten.
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