Gedanken sind Fluch und Segen zugleich. Ich würde ja sagen: mehr Segen. Denn ohne sie würden wir womöglich Chaos erleben (siehe „Gedanken sind nicht der Feind. Aber Vorsicht!“). Das Problem ist, dass wir stressauslösende Gedanken nicht so ohne Weiteres loswerden und dass wir nicht so einfach aus dem Gedankenkarussell aussteigen können. Woran liegt das? An dem Missverständnis, dass wir Gedanken nicht als Hilfestellung verstehen, sondern sie ständig mit der Realität verwechseln.
Gedanken entstehen automatisch und blitzschnell. Wir bekommen das gar nicht mit, sondern wir sind plötzlich mit ihrem Inhalt konfrontiert. Für gewöhnlich halten wir den für wahr. Wir gehen davon aus, dass es sich um objektive Fakten handelt. Aber stell dir vor: Das stimmt oft gar nicht.
Wie komme ich darauf? Wenn du das näher betrachtest, dann entdeckst du hinter Gedanken jede Menge Gewohnheit. Viele entspringen früh erlernten Überzeugungen, Sichtweisen und Interpretationen. Und wenn wir etwas oft genug gedacht oder gehört haben („Ich bin nicht gut genug“, „Die Welt ist gefährlich“), nehmen wir es als gegeben hin, ohne es zu hinterfragen.
Jetzt wirst du sagen: „Aber ich fühle es doch auch!“ Ja, geht mir auch so. Aber da gibt es ein Problem. Diese Gefühle werden von den Gedanken ausgelöst. Je stärker sie sind, für desto überzeugender halten wir sie. Du hast es bestimmt schon bemerkt: Es ist kein Beweis, sondern ein in sich geschlossener Kreis. Die Gefühle sind Reaktionen auf Gedanken und diese Gefühle lösen neue Gedanken aus. Es ist ein Teufelskreis, der zum Glück nicht ganz geschlossen ist, weil er einen Anfang hat: Er beginnt damit, dass wir glauben, was uns als Gedanke durch den Kopf zieht.
Aber stimmt er überhaupt?
Hat das jemand überprüft?
Könnte er auch gar nicht oder nur teilweise wahr sein?
Spannende Fragen, oder?
Merkst du auch langsam, dass dir deine Gedanken ganz schön Quatsch oder Teil-Wahrheiten erzählen können? Es sind nur Bewertungen aus unserem persönlichen Blickwinkel heraus. Sie wurden uns entweder beigebracht oder wir haben selbst Schlussfolgerungen aus unseren Erlebnissen gezogen. Wer das nicht weiß und nicht berücksichtigt, der läuft Gefahr, seine höchst subjektiven Interpretationen mit der Realität zu verwechseln.
Das heißt also:
Gedanken können wahr sein,
sie können ein bisschen wahr sein
und sie können falsch sein.
Es könnte also tatsächlich eine gute Idee sein, sie zu überprüfen …
Dagegen könntest du noch vorbringen, dass du es doch immer wieder erlebst, dass dir zum Beispiel der Gedanke „Ich bin zu dumm“ ständig schmerzlich durch Erlebnisse bestätigt wird. Hier ist es gut zu wissen, dass unser Gehirn unsere Wahrnehmung filtert. Und zwar unter anderem entsprechend unserer Gedankenkonzepte. Das heißt, es hält Ausschau nach Belegen für die Grundannahme.
Das ist insofern gut, als es uns Halt in einer bewegten Welt geben kann. Der Nachteil ist, dass sich so etwas wie ein Filter über unsere Wahrnehmung legt, der alles aussortiert, was nicht zur These passt. Psychologen nennen das einen Bestätigungsfehler. Gegenteiliges zu unserer Grundannahme wird quasi ignoriert. Frage dich: Stellst du dich wirklich und absolut immer dumm an? Würde das jeder einzelne Mensch auf der Welt so sehen?
All das hat Folgen. Weil unsere Gedanken letztlich unser Weltbild und auch unser Selbstbild erschaffen. Also das, was wir für die Welt und unsere Identität halten. Das ist erst einmal gut, weil es für uns Stabilität bedeutet. Aber wenn ich glaube, dass ich ein Versager bin, dann beginnen die Probleme. Ich kann nicht davon lassen, weil es mir ja als wie in Fels gemeißelt erscheint.
Es ist keine Gesetzestafel. Sicher nicht. Es ist ein Glaube, der in einer bestimmten Situation in unserer Vergangenheit als Erfahrung begann, die bestimmt längst irrelevant ist. Einfach, weil sie vorbei ist. Vielleicht wurde uns gesagt, dass wir ein Versager sind, oder wir haben uns das als Erklärung für das abweisende Verhalten einer Bezugsperson selbst zurechtgelegt. Bestimmt hat jeder schon einmal versagt. Aber immer und als ganze Person? Glaube ich nicht.
Es ist also verständlich, dass wir uns nur schwer von unseren Gedanken lösen können. Aber wie wäre es, wenn es doch gelänge? Wie wäre es, wenn du deine negativen oder Stress auslösenden Gedanken nicht ungeprüft hinnimmst, sondern sie bemerkst und hinterfragst?
Wenn das, was du denkst und was dich plagt, also nicht unbedingt wahr sein muss, dann liegt doch die Frage nahe:
Wie wäre dann dein Leben, wenn du anders als gewohnt darüber dächtest?
Wie wäre dein Leben ohne diesen einen Gedanken?
Wenn du Unterstützung im Umgang mit deinen Gedanken und Gefühlen brauchst, dann melde dich gerne bei mir.
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Hinweis: Die Texte in diesem Blog sind in keiner Weise als Anleitung für eine Eigenbehandlung gedacht und dafür in dieser Form auch nicht geeignet. Sie enthalten nur Ausschnitte oder grobe sowie unvollständige Zusammenfassungen einer tatsächlichen Therapie. Wenn du schwere Belastungen, Probleme oder Symptome hast, komm bitte zu mir, zu einem anderen Heilpraktiker, Arzt oder Psychotherapeuten.
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